Mit dem Schlauchboot in Ugandas Bergen

Expedition in die legendären Mondberge, Gorilla-Besuche und Baumpflanzungen

Von Andreas Klotz

 

Am 7. Juni 2021 war es endlich so weit. Nach über zwei Jahren Planung (wann genau die Idee entstand, weiß keiner mehr …) flog ich innerhalb eines 7-köpfigen Teams nach Uganda. Eigentlich schon für Januar geplant, mussten wir die Reise coronabedingt um fünf Monate verschieben. Umso mehr freuten wir uns alle, diesem Virus für wenigstens 12 Tage komplett zu entfliehen und uns ganz dem Afrika-Trekking-Virus hinzugeben. Doch anders als alle anderen vor uns waren wir gemeinsam mit einem großen Team des Ruwenzori Trekking Service (RTS) und Rangern der Uganda Wildlife Authority (UWA), größtenteils in Gummistiefeln – auch abseits bekannter Pfade – in diesem sehr besonderen Hochgebirge im Herzen Afrikas unterwegs. Mit im Gepäck: wasserdichte Taschen, Daunenjacken und ein Schlauchboot …

 

Im Westen Ugandas liegen die faszinierenden „Mondberge“, Namensgeber dieses Magazins. Auf Landkarten findet man das UNESCO Weltnaturerbe als Ruwenzori-Gebirge – eine der fremdartigsten Regionen auf unserer Erde, mit über 5.000 Meter hohen, teils vergletscherten Berggipfeln – ganz nah am Äquator. Eine surreale, flechtenbehangene Regenwald-Zauberwelt mit einzigartigen Riesen-pflanzen, Baumfarnen, leuchtend bunten Orchideen, klaren Flüssen, Wasserfällen, idyllischen Seen und fabelhaften Moos-teppichen. Nirgendwo sonst hat man so sehr das Gefühl, eine „mystische andere Welt“ zu betreten …

 

Warum nochmal?

Nachdem ich schon 2008 und 2009 auf dem Central Circuit Trail und auch 2011 auf dem damals ganz neu erschlossenen Kilembe Trail im Ruwenzori unterwegs gewesen war – und eigentlich schon mindestens zwei Mal gesagt hatte: „Nie wieder“ – war es am 11. Juni 2021 fast auf den Tag genau zehn Jahre nach meiner letzten Tour endlich wieder so weit. Diese fantastische Hochgebirgs-Region im Herzen Afrikas lässt mich nicht los. „Offiziell“ waren wir dort, um für den neuen Bildband „Mountains of the Moon“ zu fotografieren, der inzwischen Realität wurde und bereits überall verfügbar ist (https://tipp4.de/mountains-of-the-moon/ s. Seite 87).

 

„Man fühlt sich manchmal wie auf einem anderen Planeten!“ Vermutlich mit diesem Satz habe ich meine Mitstreiterinnen und Mitstreiter überzeugt. Widrige Wetterverhältnisse wie intensiven Regen, Nebel und Kälte hatte ich ihnen „versprochen“. Schließlich bedeutet Ruwenzori frei übersetzt so viel wie „Regenmacher“. Umso überraschter war ich, als wir an den ersten drei Tagen ausnahmslos blauen Himmel und strahlenden Sonnenschein erleben durften. Zuerst wanderten wir zwei Tage durch üppigen Bergregenwald bis zum Lake Mahoma. Ein idyllisch gelegener See auf etwa 3.000 Metern Höhe, der erst seit Kurzem durch den „Mahoma Trail“ erschlossen wurde. Wir sahen Chamäleons und Elefantenspuren, hörten Schimpansengeschrei und diverses Vogelgeschwitscher. Ein entspannter Einstieg in eine 12-tägige Expedition, die uns auch an Stellen bringen sollte, wo noch kein Mensch (Tourist) zuvor gewesen war …

 

Camping mit Bootstour

Nachdem wir unsere Zelte in einem Bambuswald aufgeschlagen hatten, spazierten wir – wie schon gesagt, bei schönstem Wetter – zum nahen Seeufer. Dort packte ich dann ein Schlauchboot aus, pumpte es auf, steckte die Paddel zusammen und sah nur in erstaunte, ungläubige bis völlig verwirrte Gesichter unserer einheimischen Begleiter. So etwas hatten die meisten tatsächlich noch nie gesehen. Meine Idee war, damit auf möglichst vielen Seen im Ruwenzori zu fahren, sie zu überqueren, an abgelegene und zu Fuß unerreichbare Stellen zu gelangen – um völlig neue Perspektiven für Bilder zu finden, die so wirklich noch nie jemand zuvor gemacht hat.

 

Die Rechnung ging voll auf, wir fuhren über den Lake Mahoma und später auch noch den Lake Bujuku und die beiden Kitandara Seen. Was ich aber so nicht erwartet hatte, war die unfassbar gute Stimmung, die dieses Boot unter allen Beteiligten auslöste. Es war der absolute Hit, besser als Fernsehen. Jeder, wirklich JEDER wollte mal paddeln! Und jeder, wirklich JEDER fotografierte und filmte die Aktion mit dem Smartphone. Anfangs habe ich noch gefragt, ob alle schwimmen können, oder wissen, wie man zu zweit paddelt ohne ständig im Kreis zu fahren – doch in Afrika bekommt man auf solche Fragen immer nur eine Antwort: „No Problem“. Im weiteren Verlauf wurde das Boot nicht nur achtsam durch das ganze Gebirge transportiert, sondern auch völlig selbstverständlich in Betrieb genommen, regelmäßig gereinigt und sorgfältig wieder verpackt – natürlich ließ ich es in Uganda in guten Händen zurück.

 

Central Circuit Trail

Die nächsten vier Tage folgten wir weitestgehend dem „alten“ zentralen Rundkurs durch das Gebirge. Basierend auf den Pfaden von Jägern der Bakonzo hatte schon der italienische Herzog der Abruzzen, Ludwig von Savoyen, bei seiner berühmten Ruwenzori-Expediton 1906 diese Wege erkundet. Er wurde damals von Antonio Sella begleitet, einem zu seiner Zeit – und bis heute – sehr berühmten und anerkannt guten Fotografen. Ihm wollten wir nacheifern und mit modernsten Kameras „mystische“ Bilder einfangen. Was auch Tag für Tag besser gelang, denn das Wetter wurde schlechter. Endlich! Wie versprochen.

 

Am Lake Bujuku, der offiziell höchsten Quelle des Nils auf immerhin schon 4.000 Metern Höhe, war es ordentlich kalt und Nebelschwaden zogen über den See, als wir am Vormittag mit dem Schlauchboot fuhren. Mittags trennte sich unsere Gruppe dann für drei Tage. Fünf Teilnehmer wollten zwei Gipfel – zuerst den Mount Speke, danach die Marg- herita-Spitze des Mount Stanley – besteigen. Ich selbst war in diesen unwirtlichen eisigen Höhen schon zweimal gewesen … erfolgreich auf dem Mount Stanley, gescheitert am Mount Baker, dem dritthöchsten Berg des Gebirges. Mein Fokus lag diesmal nicht auf dem Bezwingen von Gipfeln, sondern dem Fotografieren – und ich wollte das Glück auch nicht nochmal herausfordern.

 

Herausfordernde Gipfel

Auf der Vittorio-Emanuele-Spitze, mit 4.890 Metern Höhe ist der Mount Speke der zweithöchste Berg im Ruwenzori, stand am Ende nur einer von uns – die 5.109 Meter hohe Margherita-Spitze erreichten immerhin zwei meiner Mitstreiter. Die drei höchsten Berge des Ruwenzori mit ihren vielen Gipfeln und Spitzen sind teils eisbedeckt, felsig, steil, schwierig, gefährlich, anstrengend und nur etwas für erfahrene Bergsteiger.

 

Zu zweit übernachteten wir währenddessen auf dem weiteren Weg in unseren Zelten oben auf dem Scott Eliott Pass, schon hier sank die Temperatur nachts unter null Grad, und am frühen Morgen überraschte uns ein intensiver Schneeschauer. Von dort stiegen wir ins langgezogene Kitandara-Tal hinab, für mich die schönste „Ecke“ des Ruwenzori mit riesigen orangefarbenen Moosflächen, dichten Senezien-Wäldern und einer Stimmung, in der man glaubt, dass jederzeit eine Fee, Zwerge oder andere Fabelwesen auftauchen. In allen Richtungen sind hohe Berge, steile Felswände, Schnee und Eis zu sehen. Die Zeit an den Kitandaraseen war wieder einmal viel zu kurz, aber wunderschön.

 

Auf dem Kilembe Trail

Im Kitandara-Tal treffen sich die beiden großen Trails, sodass wir hier „abbogen“ und dann dem Kilembe Trail folgten. Seit etwa zehn Jahren wird dieser vom RTS immer stärker erschlossen, an vielen Stellen werden Plankenwege, Brücken und Hütten errichtet und immer wieder neue Abschnitte ausgekundschaftet. Am Abend traf die ganze Truppe im Hunwicks Camp wieder zusammen – alle hatten viel zu erzählen. Dort erlebten wir die klarste Nacht der ganzen Tour und machten Sternenhimmel-Aufnahmen, von denen ein Antonio Sella nur träumen konnte.

 

Wünsche wurden wahr

Wir durchquerten das Kachope-Tal im Regen, die drei eigentlich malerischen Kachope-Seen waren teilweise gar nicht zu sehen vor lauter Wolken und Nebel. Am Ende des Tals wartete der Bamwamjara Pass – ein hartes Stück Arbeit, sich dort auf fast 4.500 Meter hochzuquälen – und auf der anderen Seite wollte der Abstieg gar nicht enden. Im Bugata-Camp verbrachten wir die kälteste Nacht der Tour – was aber wunderschöne, von weißem Rauhreif bedeckte Pflanzen und Felsen am nächsten Morgen bedeutete.

 

Trotz Bedenken Einzelner starteten wir als gesamte Gruppe am frühen Morgen, um doch noch einen „kleinen“ Gipfel gemeinsam zu besteigen: den Weismann Peak. Zuerst muss man dafür ein Stück zurück gehen, steil hoch zum Olivers Pass, dem mit 4.505 Metern höchsten Pass des ganzen Gebirges. Stundenlang kletterten und krabbelten wir über teils vereiste Felsen, bis sich plötzlich ein geradezu fantastischer Blick in den Kongo öffnete. Die ganze Westseite des Ruwenzori, so hatten wir das Gefühl, lag vor uns. Und wie schon an den ersten Tagen war der Himmel wieder postkartenblau, die Sonne strahlte auf uns herab.

 

Noch nie zuvor hatte sich mir – wie den allermeisten Ruwenzori-Wanderern – die Gelegenheit geboten, von der ich träumte. Vom Weismann Peak aus kann man die höchsten drei Berge des Ruwenzori, den Mount Baker rechts, den Mount Speke im Hintergrund und den riesigen Mount Stanley links vor sich sehen. Wenn, ja wenn keine Wolken die Sicht verdecken – was durchschnittlich an etwa 320 Tagen im Jahr der Fall ist. Doch bis zum Gipfel waren es noch einige Höhenmeter, und von Osten zogen Wolken heran. Ich machte mich schnell auf den Weg und hetzte geradezu dort hoch, schrammte mir die Hand an einem mit messerscharfen harten Flechten bewachsenen Felsen blutig – egal. Schließlich stand ich dort oben, völlig außer Atem, auf 4.620 Metern, und wir konnten genau das Bild machen, welches schließlich dann auch den Umschlag des Buches ziert.

 

Gorillas im Sonnenschein

Nachdem wir alle gesund und munter nach den 12 Tagen im Ruwenzori eine Nacht in einer schicken Lodge verbracht – und mindestens zweimal heiß geduscht – hatten, fuhren wir nach Ruhija an den Bwindi-Nationalpark. Niemals sollte man Uganda besuchen oder wieder verlassen, ohne wenigstens einmal bei den Berggorillas gewesen zu sein. Wir besuchten zwei verschiedene Gorilla-Familien an zwei aufeinanderfolgenden Tagen – doch das ist eine andere Geschichte, aber immer ein besonderes Erlebnis. Auch hier hatten wir viel zu schönes Wetter, das meine ich natürlich nur auf die Fotografie bezogen, denn diese schwarzen Tiere sind bei bedecktem Himmel deutlich besser zu fotografieren als bei Sonnenschein.

 

Mondberge–Projektfortschritt durch Baumpflanzungen

Seit über 12 Jahren unterstützen wir mit unserem Mondberge-Projekt verschiedene Schulen, ein Krankenhaus und Communities in Ruhija. Ganz unterschiedliche Maßnahmen, von Schulmaterialien über eine Röntgenmaschine, Baumaßnahmen und Lehrer-Gehälter bis hin zu Baumpflanzaktionen oder Wassertanks wurden finanziert. Corona hat auch hier schlimme Spuren hinterlassen, zum Zeitpunkt unseres Besuchs waren alle Schulen seit über einem Jahr durchgehend geschlossen, mit einem Teil der zur Verfügung stehenden Gelder wurden in dieser Zeit existenzielle Nahrungsmittel gekauft und verteilt.

 

Seit Januar 2020, als ich mit Frank Elstner zu den Dreharbeiten von „Elstners Reisen – die Retter der Gorillas“ (zu sehen in der ARD-Mediathek) vor Ort war, stand ein neues Projekt in den Startlöchern, das wir nun endlich beginnen konnten: in großem Stil Bäume pflanzen! Schnell wachsende Nadelhölzer für Möbel-, Bau- oder Brennholz – einheimische Baumarten aus dem Regenwald, z. B. für die Herstellung von Medikamenten – und schließlich noch Obstbäume wie Avocado- oder Apfelbäume zur Selbstversorgung und als Verdienstmöglichkeit durch den Verkauf der Früchte.

 

Wir pflanzten im Juni selbst um die 50 erste Bäume, viele zehn- bis hunderttausende sollen noch folgen. Die Voraussetzungen sind geschaffen, es kann endlich losgehen! Weitere Informationen zum Mondberge-Charity-Projekt finden Sie auf www.mondberge.de. Und wer wenigstens schon einmal auf der heimischen Couch die sensationelle Welt der Ruwenzori-Mondberge (u. a. aus dem Blickwinkel eines Schlauchboots) erleben möchte, dem sei unser neues Buch – auch als Weihnachtsgeschenk für Abenteurer – wärmstens empfohlen:

https://tipp4.de/mountains-of-the-moon/

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Anderer Betrag

Kontakt:

MONDBERGE Charity-Projekt
Andreas Klotz
c/o TiPP 4 GmbH
Von-Wrangell-Str. 2
53359 Rheinbach
Tel.: 02226 911799
E-Mail: ak@mondberge.de

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